Digital und dezentral - smarte Zukunft fürs Land
Staatsminister Schmidt lädt zur Diskussion nach Großenhain
Während »smart Cities« bereits gelebte Realität werden, ist man auf dem Land noch zurückhaltend. Dabei können gerade Dörfer von der Digitalisierung profitieren. Entfernungen verlieren durch dezentrale Vernetzung an Bedeutung. Warum also nicht besser auf dem Land leben und arbeiten - digital vernetzt mit der ganzen Welt?
Wie das in Sachsens Dörfern gelingen kann, darüber diskutieren über Experten aus ganz Deutschland am 21. März 2018 in Großenhain mit Vertretern von Kommunen, LEADER-Gebieten, Behörden und Vereinen über Zukunftsfragen und Herausforderungen der Digitalisierung des ländlichen Raums.
Dass die Digitalisierung eine große Chance und der Zukunftstrend schlechthin ist, darüber besteht kein Zweifel. Vieles scheint möglich – doch was ist realistisch umsetzbar bzw. für den ländlichen Raum anwendbar? Wer sind die Akteure dafür? Welche Rahmenbedingungen müssen geschaffen werden? Welche Risiken – z.B. hinsichtlich Datenschutz und Systemsicherheit – sind zu beachten? Es gibt viele offene Fragen, vor allem aber eine Gewissheit: das größte Risiko wäre es, diese technologische und gesellschaftliche Neuausrichtung zu verpassen bzw. den Anschluss zu verlieren.
Staatsminister Thomas Schmidt betonte in seiner Einführungsrede, dass die Entwicklung des „Internets der Dinge“ einen tiefgreifenden Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft auch im ländlichen Raum bewirken wird. Bisher nachteilige große Entfernungen können mit digitalen Anwendungen überwunden und dezentrale Siedlungsstrukturen vernetzt werden.
Marika Puskeppeleit von der Andreas Hermes Akademie eröffnete die Vielfalt der Chancen und Herausforderungen, die die Instrumente der Digitalisierung auch fürs Land mit sich bringen. Sie betonte, dass die Integrierte ländliche Entwicklung die Digitalisierung als weiteres Handlungsfeld in ihr Portfolio aufnehmen muss. Die beste Ebene für das Management einer bedarfsorientierten Digitalisierung ist dabei die Region. Dies bestätigten auch Vertreter der LEADER-Gebiete, die die Entwicklung und Bereitstellung digitaler Dienste und Informationen auf der Ebene der Region oder auf kommunaler Ebene unterstützen oder selbst durchführen. Die Vernetzung von Akteuren, aber auch von Kunden und Unternehmen steht dabei oft im Vordergrund. Als Beispiele wurden virtuelle Marktplätze, touristische Informations- und Dienstleistungen, abgestimmte Web-Auftritte der Kommunen und digitale „Schwarze Bretter“ für Ehrenamt, Kultur und Sport angeführt. Ein Beispiel für standortungebundene Leistungen ist die Agentur Sternkopf Kommunikation in Flöha, die als Sprachendienstleister für die Werbebranche weltweit agiert, ihren MitarbeiterInnen durch Homeoffice aber gleichzeitig eine hohe persönliche Flexibilität einräumt.
Dr. Norman Franchi, Forschungsgruppenleiter des Vodafone-Lehrstuhls für mobile Kommunikationssysteme der TU Dresden, erläuterte, dass für die Entwicklung und Ausbreitung der neuesten 5G-Technologien zukünftig autonome Serverinfrastrukturen auf regionaler Ebene ausgebaut werden müssen, um das „Internet der Dinge“ zu ermöglichen. Diese Server können zugleich einen sicheren Raum für regionale Daten-Clouds bieten.
Sabine Gollner von der Kreativagentur „It’s about time“ ist Gründerin und Vorsitzende einer preisgekrönten Künstler-Netzwerkinitiative im Fichtelgebirge und Initiatorin eines Coworking Spaces im ländlichen Raum. Sie betonte, dass Coworking-Angebote – neben den technischen Grundvoraussetzungen – besondere Ansprüche hinsichtlich des Arbeitsumfeldes verlangen, die auch der ländliche Raum auf seine Art bieten kann. Die Entwicklung steht hier aber noch am Anfang, auch wenn der Bedarf und die Potentiale vorhanden sind.
Der Mensch – und nicht die Information – muss der Maßstab der Entwicklung sein. Wie wichtig es ist, die Menschen vor Ort bei der rasanten Entwicklung mitzunehmen, zeigten verschiedene Beispiele der Vernetzung von Landfrauen bzw. SeniorInnen.
Die Digitalisierung aller Lebensbereiche ist in vollem Gang. Die Akteure sind Teil eines „Reallabors“, das es mitzugestalten gilt. Im ländlichen Raum bieten sich auch hierfür die LEADER-Netzwerkstrukturen an.
Die fachlichen Diskussionen und Beiträge waren gehaltvoll, zeigten aber gleichzeitig, wieviel Diskussionsbedarf in diesem Bereich noch besteht und anhaltend bestehen wird.
Weitere Informationen finden Sie hier.